Wieviel Metal steckt in der Vergangenheit? Oder: Über Opfer, Horror und Geschichte
Die Druiden, die gebildete #Philosophenklasse der alten #Kelten, haben nichts aufgeschrieben. Sie hätten es tun können – einige Kelten waren gebildet und schrieben in gallischer Sprache entweder mit dem griechischen oder dem römischen Alphabet –, aber sie taten es aus Prinzip und Gewohnheit nicht.
Nun, eigentlich wissen wir nicht genau, warum sie es nicht taten, weil sie es uns nicht gesagt haben, weil kein einziger Druide jemals etwas aufgeschrieben hat. Julius #Caesar, der damit beschäftigt war, #Gallien (das heutige #Frankreich) zu unterwerfen und zu überfallen, meinte, dass die #Druiden nichts aufschrieben, weil sie dachten, dass das Aufschreiben von Dingen das Gedächtnis schwächt.
Es dauerte 19 oder 20 Jahre #Ausbildung, um Druide zu werden, wodurch sie über umfassende Kenntnisse in #Recht, #Zeremonien, #Konfliktlösung und der Bewegung der #Himmelskörper verfügten.
Wahrscheinlich lernten sie auch, wie man Menschen opfert, aber darüber sind sich #Historiker weniger sicher. Wahrscheinlich opferten sie Menschen, indem sie sie unter anderem in riesigen Statuen aus Stroh oder Weidengeflecht lebendig verbrannten, aber das wissen wir nicht mit Sicherheit.
Die meisten zeitgenössischen Schriften über Druiden wurden von ihren Feinden verfasst, die nach einer moralischen #Rechtfertigung für die Eroberung Galliens suchten. Ich habe allerdings meine eigene Theorie, warum sie nie etwas aufgeschrieben haben. Eine Theorie, mit der ich mich vielleicht irre. Ich glaube, sie haben nichts aufgeschrieben, weil das Festhalten von Gesetzen und bewährten Praktiken auf Papier diese unveränderlich macht.
Ich bin mir sicher, dass sich die Lehren der Druiden in den Jahrhunderten oder Jahrtausenden, in denen sie lebten, verändert haben. Obwohl sie wahrscheinlich über ein Gedächtnis verfügten, das uns, die wir uns auf das Schreiben verlassen, in Erstaunen versetzen würde, kann ich mir nicht vorstellen, dass es zwischen den Generationen keine subtilen oder radikalen Veränderungen gab – und ich vermute, dass dies beabsichtigt war. Ich vermute, dass die Druiden keine Angst hatten, hier und da Veränderungen zuzulassen und sich den Umständen anzupassen.
Einige Historiker vermuten zum Beispiel, dass die Kelten schon vor der Erklärung Roms, sie seien böse #Barbaren, die einer ordentlichen Eroberung bedürften, von #Menschenopfern abrückten.
Es ist möglich, dass die #Kelten, als überwältigende Legionen aus dem Süden in Gallien und #Britannien einfielen, aus Verzweiflung begannen, sich wieder ihren alten Bräuchen zuzuwenden. Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren. Wir wissen nicht viel darüber, was sie dachten, weil sie nichts aufgeschrieben haben.
Wir wissen nicht, ob sie Menschen lebendig in Weidenmännern verbrannten. Wir wissen nicht, ob die Iren ihrem #König die Brustwarzen abschnitten und ihm dann an #Samhain die Kehle durchschnitten, wenn er seine Arbeit schlecht machte. Wir wissen nicht, ob heilige #Frauen in einen ekstatischen Zustand verfielen, eine von ihnen zerfleischten und mit dem zerteilten Körper ihrer Freundin in den Händen herummarschierten. Wir wissen nicht, ob die Kelten dreißig Meter tiefe Löcher gruben, nur um Menschen zu fesseln und hineinzuwerfen. Wir wissen nicht, ob „Woodhenge” (man stelle sich Stonehenge vor, nur aus Holz) durch die Opferung eines dreijährigen Jungen geheiligt wurde.
Die vielleicht wichtigste Frage, die mir beim Studium der Geschichte für meinen #Podcast bleibt, ist: „Wieviel Metal war die Vergangenheit?” Hat Lady #Bathory zur Hautpflege in Jungfrauenblut gebadet? Haben #Astrologen in europäischen Städten des Spätmittelalters #Kinder geopfert, wurden bei schwarzen Messen Unschuldige getötet? Haben irische Könige bei ihrer Krönung wirklich mit Pferden gevögelt? Gab es im mittelalterlichen #Irland #Nudistenkulte, die in Höhlen lebten?
Wenn man über #Europa hinausblickt, werden diese Fragen noch fragwürdiger. Was haben die Menschen getrieben? Wo liegen die Grenzen menschlichen Verhaltens?
Denn wenn wir diese Fragen stellen, wirken zwei konkurrierende gesellschaftliche Kräfte. Zunächst einmal sollte man sich bewusst machen, dass es meist diejenigen waren, die diese Anschuldigungen erhoben, die sie auch niederschrieben. Es sind Gerichtsakten, päpstliche Untersuchungen und #Kriegspropaganda, die alle Übel der antiken und mittelalterlichen Welt katalogisieren.
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Weiterlesen in meiner Übersetzung des Textes "How Metal Is the Past? or: on sacrifice and horror and history" von @margaret / Margaret Killjoy vom 29. Okktober 2025
#Geschichte #History #Geschichtsschreibung #Anarchismus #Wickerman @anarchism
